Die Bibliothek des Nikolaus von Kues (1401 – 1464)
Nikolaus von Kues (Cusanus) gehört zu den wichtigsten philosophisch-theologischen Denkern und Kirchenpolitikern im Europa des 15. Jahrhunderts. Obwohl ihn sein Weg als Student, erzbischöflicher Sekretär, päpstlicher Legat, Fürstbischof und Kardinal über Heidelberg, Padua, Köln, Trier, Basel und Konstantinopel nach Brixen und Rom führte, blieb er seinem Geburtsort Kues verbunden und stiftete 1458 dort das bis heute bestehende St. Nikolaus-Hospital/Cusanusstift. In diesem ist auch seine berühmte Privatbibliothek überliefert, die er durch Schenkungen, Kopien oder Käufe im Kontext etwa des Basler Konzils, seiner Reisen nach Konstantinopel und durch Mitteleuropa sowie seiner Tätigkeit auf verschiedenen Reichstagen sukzessiv aufbaute. So nutzte Nikolaus von Kues einen Aufenthalt im September 1444 in Nürnberg, um astronomische Manuskripte und seltene Messinstrumente zu erwerben, die vermutlich aus der Bibliothek des böhmischen Königs in Prag stammten. Nach dem Tod des Kardinals im August 1464 in Todi (Umbrien) ließ dessen Diener Heinrich Walpot die Handschriftensammlung, wie Cusanus testamentarisch verfügt hatte, von Italien nach Kues bringen. Aktuell umfasst die Bibliothek des St. Nikolaus-Hospitals/Cusanusstifts neben 128 Inkunabeln und ca. 5.300 Drucken (16. – 21. Jh.) sieben frühneuzeitliche und 309 mittelalterliche Manuskripte (9. – 15. Jh.), von denen ca. 270 dem persönlichen Besitz des Nikolaus von Kues zugerechnet werden können. Seine private Bibliothek zählt damit zu den wenigen des 14. bis 16. Jahrhunderts, die weitgehend geschlossen an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort geblieben sind. 81 dislozierte Handschriften, die vor allem im 17. und 18. Jahrhundert veräußert wurden, befinden sich etwa in der Bibliothèque royale de Belgique in Brüssel, der British Library in London sowie der Bibliotheca Apostolica Vaticana im Vatikan.
In den nächsten Jahren soll die Bibliothek des Cusanus in drei Arbeitsschritten digitalisiert, (neu) katalogisiert und wissenschaftlich ausgewertet werden. Dies erfolgt in Kooperation u. a. mit dem Cusanus-Institut, dem St. Nikolaus-Hospital/Cusanusstift sowie dem Handschriftenzentrum der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Neben der Untersuchung der Leseinteressen und Quellen des Philosophen und Theologen, die parallel zu der überlieferten eine imaginäre Bibliothek entstehen lässt, wird auch das Netzwerk der europäischen Humanisten und Gelehrten um Nikolaus von Kues und mit ihm der Austausch von Handschriften, Ideen und Korrespondenzen aufgezeigt.
In einem ersten Durchgang werden bis Ende 2020 sechs Manuskripte digitalisiert und beschrieben, die von Nikolaus von Kues selbst verfasst wurden bzw. in seinem unmittelbaren Umfeld entstanden.
Ausgewählte Schriften von Nikolaus von Kues finden Sie in der Ausstellung “Zwischen Kues und Konstantinopel” auf dem Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek.